Auf den Spuren des Flugzeugbaupioniers Hugo Junkers
von Wolfgang Reimer
Warum nicht mal was Neues? Und mal einige benachbarte MBIG-Stammtische zusammenbringen? Geht doch, sagten die Stammtische Berlin, Harz und Dresden-Elbland und machten sich auf nach Dessau mit 30 Fahrzeugen und 50 Technikbegeisterten, und dies nicht nur zum Thema Mercedes…
Dessau ist mehr als das Mekka der BAUHAUS – Kultur, wo die Kunst- und Gestaltungsschule am längsten wirkte und zwischen 1925 und 1932 ihre Blütezeit erlebte. Sie hält mit dem Technikmuseum „Hugo Junkers“ auf dem Gelände der ehemaligen Junkers-Flugzeugwerke ein Zeugnis deutscher Ingenieurkunst der motorisierten Flugzeuggeschichte und des Heizungs- und Formbaus vor. Weltweit setzte der Forscher, Lehrer und Unternehmer Hugo Junkers bereits kurz nach dem Ersten Weltkrieg durch grundlegende Neuerungen im Flugzeugbau, wie den Ganzmetallbau und die gewellte Struktur, Maßstäbe und entwickelte die ersten Passagierflugzeuge der Welt. Anfänglich als Konstrukteur von Gasthermen tätig, konzipierte er am Ende seines Lebens noch Stahlhäuser in Systembauweise mit effizient konzipierter
Einheitsausstattung. In dem über 50-jährigen Schaffen des zwölffachen Familienvaters fallen ausgewählte Meilensteine:
- 1892 Patentierung eines Kalorimeters (Gerät zur Bestimmung des Heizwertes von Gasen) Auszeichnung mit der Goldmedaille auf der Weltausstellung in Chicago 1893
- 1894 Entwicklung des ersten stehenden Gasbadeofens auf der Grundlage des Kalorimeters
- 1895 Gründung der „Junkers & Co.“ Fabrik für Gasapparate in Dessau
- 1909 Einstieg in den Flugzeugbau mit der patentierten Entwicklung eines neuartigen Flügels (1910), der – freitragend – in seinem Inneren Nutzraum bietet
- 1915 Entwicklung des ersten Ganzmetallflugzeuges
- 1919 Bau des ersten Ganzmetall-Verkehrsflugzeuges, der einmotorigen, viersitzigen F13.
- 1921 Gründung einer eigenen Fluggesellschaft, die 1926 mit in die Deutsche Lufthansa aufgeht
Seine Unternehmen hielten insgesamt 380 Patente im Bereich der Motortechnik, Flugzeugentwicklung, der Kalorimetrie, Wärmetauscher, Spezialmaschinen, Fertigungsverfahren sowie im Metallbau von Möbeln, Booten und Gebäuden. Von den Nazis 1933 enteignet (er stellte seine Firma nicht in den Dienst der Rüstungsindustrie) und von den deutschen Kommunisten als Kapitalist gebrandmarkt, stand Hugo Junkers einsam und lange Zeit „unterbelichtet“ in der deutschen Unternehmergeschichte.
Es ist allein bürgerschaftlichem Engagement und der Unterstützung von Industriesponsoren zu verdanken, dass das Erbe dieses genialen Erfinders und damit die Bedeutung Dessaus für die deutsche Technikgeschichte nicht verloren ging und dieses Erbe in Form eines Vereins fortan bewahrt und zugänglich gehalten wird. Ein Träger hierzu wollte sich nicht finden – bis heute nicht. Das Land Sachsen-Anhalt und der Bund scheinen daran kein Interesse zu haben, was angesichts der heute mehr denn je geforderten Innovationsgesellschaft einen arg verwundert.
So waren es Dessauer Bürger, die 1992 den „Förderverein Technikmuseum Hugo Junkers Dessau e.V.“ gründeten und in Dessau ein Museum der Technischen Moderne aufbauten, das die reiche Geschichte der Region zu Beginn des 20. Jahrhunderts widerspiegelt. Seitdem arbeiten mit voller Leidenschai Dreher, Schlosser, Maschinenbauer, Ingenieure, Werkzeugmacher, Mechaniker und Flugzeugtechniker in ihrer Freizeit an der Rekonstruktion und Konservierung wichtiger Meilensteine des Erfindergeistes Hugo Junkers.
Alles in allem also mehr als ein Grund sich auf nach Dessau, jener Stadt an der Elbe ca. 40 Kilometer nordöstlich von Halle, zu machen. Und: Ein großer Dank an Hans-Jürgen Lotz, Leiter MBIG Stammtisch Berlin, der diese Empfehlung für eine gemeinsame Ausfahrt der Stammtische Berlin und Dresden-Elbland aussprach. Die Idee hierzu kam beiden Stammtischleitern auf dem Fürstentreffen in Bad Neuenahr. Als Dritter in Bunde war der Stammtisch Harz schnell gefunden. In der Geometrie der Anfahrwege – von Berlin, Harz und Dresden nach Dessau im Mittelpunkt – machte die Anreise aller zu einer richtigen Mercedes-Sternfahrt!
Erwartungsgemäß stellten die Berliner mit 19 Fahrzeugen die größte Flotte, darunter eine seltene /8 Langversion und drei wunderschöne Ponton-Cabrios. Aus dem Harz kamen edle Sterne und, als Exot in der illustren Runde, ein luftgekühlter 356er Porsche. Dresden steuerte als Highlight einen stattlichen W129 6.9 bei. Umgeben all das von einer Vielzahl an Flossen und Pontons, gefolgt von den etwas jüngeren Oldtimern wie R107, W116, W123, und W126, um nur einige zu nennen.
Fotos: Wolfgang Reimer und Hans-Jürgen Lotz