Den meisten von euch wird der PS.SPEICHER im Niedersächsischen Einbeck sicherlich etwas sagen. Zum einen ist die von Unternehmer Karl-Heinz Rehkopf im Jahre 2009 privat gegründete und 2014 im historischen Kornspeicher eröffnete Sammlung inzwischen zu Europas größtem Oldtimer-Museum herangewachsen (die rund 2500 Exponate an Zweirädern, PKW, LKW und Bussen werden von über 100.000 begeisterten Besuchern jedes Jahr besucht). Zum anderen konnten die Pontonfahrer unter euch hier im Juni den 70. Geburtstag der Baureihe 120/121 beim Ponton-Tag feiern. Großes mediales Interesse erlangte der PS.SPEICHER zudem, als es dem Gründer und Stifter im April 2019 tatsächlich gelang, mit der Benz Victoria von 1894 das älteste TÜV-zugelassene Automobil zurück in den deutschen Straßenverkehr zu bringen.
Von daher stand eine Ausfahrt nach Einbeck schon länger auf unserer Stammtisch-Agenda. Dass wir dieses Vorhaben nun verwirklichen konnten, haben wir auch zwei lieben Kollegen vom Hamelner Stammtisch zu verdanken: Herwig Wittlake und Uwe Stöcker. Mit Uwe habe ich in der Vergangenheit bereits einige Gemeinschaftsausfahrten durchführen können, Herwig wiederum sprach mich 2022 beim Pontonball in Bad Breisig an. In einem netten Gespräch erzählte er mir, dass er ehrenamtliches Mitglied der FörderFreunde PS.SPEICHER sei und dieser gemeinnützige Förderverein die Stiftung PS.SPEICHER unter anderem mit monatlich stattfindenden Vorträgen rund um das Thema Mobilität unterstützt. Dies können ganz unterschiedliche Bereiche sein: ein Fachvortrag über die Zukunft des Automobils. Oder die Reiseerlebnisse einer 72jährigen Rentnerin, die alleine mit ihrer alten C-Klasse bis nach China gefahren ist. Oder aber auch interessante Einblicke und Ansichten prominenter Köpfe aus der Automobil-Industrie, wie zuletzt z.B. Ex-BMW-Motorsportchef Prof. Dr. Mario Theissen. Herwig sei nun auserkoren worden, einen Vortrag über das höchst aktuelle, gleichwohl auch brisante Thema „nachhaltige Mobilität“ zu gestalten. Damit dieser Abend nicht zu theoretisch-trocken werde, würde er dem Publikum das Thema Nachhaltigkeit gerne auch an praktischen Beispielen erläutern. Und welches Automobil eignet sich hierfür besser, als eines, dass die Ressourcen von mindestens fünf neu zu produzierenden Fahrzeugen eingespart hat, in dem es einfach immer weitergefahren wurde? Richtig – der Kilometer-Millionär! Ich war direkt Feuer und Flamme für dieses Vorhaben und sagte deshalb meine Unterstützung zu.
15 Monate später, am Freitagmorgen des 22. September war es dann soweit. Da ich für die um 19.00 Uhr beginnende Veranstaltung zwecks Bühnenaufbaus, Generalprobe, etc. ab 14.30 Uhr vor Ort sein mochte, habe ich an unserem Stammtisch das Angebot einer gemeinsamen Ausfahrt inklusive des Museumsbesuchs unterbreitet. Die Resonanz war erfreulicherweise groß und so konnten trotz des Termins an einem Werktag immerhin 11 Teilnehmer mobilisiert werden, die 150 Km lange Fahrt ins südliche Niedersachsen anzutreten. Passend gekleidet in unseren brandneuen Stammtisch-Clubshirts, erreichten wir nach einer landschaftlich netten Tour gegen Mittag unser Ziel. Man ist sofort beeindruckt von dem 120 Jahre alten Kornhaus und den davor aufeinander gestapelten Überseecontainern, die mit Oldtimern bestückt, wie Modellautokartons im Maßstab 1:1 wirken. Wir starteten auch sogleich mit dem Besuch des Herzstücks des PS.SPEICHERS: der über 400 Exponate fassenden Hauptausstellung im denkmalgerecht restauriertem Kornspeicher. Mit dem Fahrstuhl ganz nach oben befördert, erkundeten wir auf sechs Etagen, wie sich die Menschen seit 200 Jahren auf Rädern fortbewegen und erfuhren hautnah, unter welchen politischen und gesellschaftlichen Bedingungen Tüftler und Erfinder ihre zwei-, drei- und vierrädrigen Vehikel einst ins Rollen brachten. Besonders reizvoll ist die Tatsache, dass in diesem Museum nicht nur ein Fahrzeug neben dem nächsten aufgereiht wurde. Es sind die einzelnen Dioramen, die einem die jeweilige Zeitepoche unglaublich real erleben lassen. Ob beim Probesitzen auf dem Hochrad, einer Fahrt im Hanomag Komissbrot durch die „Goldenen Zwanziger“, dem Gang über einen erschreckend echt dargestellten Straßenzug aus dem 2. Weltkrieg, an der Theke einer typischen Milchbar aus den 50ern, beim Camping am See während der aufkommenden Reiselust in den 60ern, der unbeschwerten Disco- und Partyzeit in den 70ern, Beginn des Computerzeitalters in den 80er Jahren, bis hin zum Mauerfall: die deutsche (Automobil-) Geschichte ist hier so detailverliebt dargestellt, dass zum Entdecken der vielen Ausstellungsstücke ein einziger Besuch sicher nicht ausreicht.
Während ich mich am Nachmittag vorläufig verabschiedete, um die Vorbereitungen für den Vortrag anzutreten, erkundete unsere Gruppe die ehemalige Hansestadt Einbeck mit ihrer prächtigen Fachwerkkulisse und gönnte sich am historischen Marktplatz eine wohlverdiente Kaffeepause, bevor wir uns gegen 18.30 Uhr in der sich gut füllenden PS.EVENTHALLE wiedertrafen.
Im Anschluss der gut 2 stündigen Veranstaltung fuhr der Großteil der Runde wieder nach Hause, während sich drei von uns im angrenzenden Hotel eine Übernachtung gönnten, um sich nach der nächtlichen „Einbecker Bierprobe“ am nächsten Tag noch eines von insgesamt vier Außendepots anzuschauen. Als bekennende Liebhaber der „Könige der Landstraßen“ wollten wir uns unbedingt die weltweit größte Sammlung an historischen LKW und Bussen anschauen. Neben Traktoren, Baumaschinen und Dampfwalzen, stehen in der riesigen Halle rund 150 Lastwagen, Busse, Möbel-, Bier- und Schwertransporter, Tanklaster und Feuerwehrfahrzeuge aus über 100 Jahren Nutzfahrzeuggeschichte. Als Shuttle für das etwa 3,5 Kilometer entfernte Außenlager, dient übrigens ein Mercedes O 319 Panorama-Bus – stilechter geht es nicht! Wir hatten hier das große Glück, einen der monatlichen „Schrauber-Samstage“ erwischt zu haben, an dem die Ehrenamtlichen die Fahrzeuge warten, reparieren und restaurieren – denn der Großteil dieser Riesen ist nach wie vor fahrbereit! Wir wurden dabei von einigen Hobby-Kollegen angesprochen, die ebenfalls den Vortrag am Abend vorher besucht und mich tatsächlich wieder erkannt haben. So kamen wir in den Genuss einiger Exklusiv-Führungen – z.B. eines ehemaligen ARD-TV-Übertragungswagens und eines O 303 Einzelstücks. Dieser Reisebus wurde seinerzeit von Mercedes-Benz-Ingenieuren für PKW-Reifentests extra mit einer Zusatzachse und einer Einrichtung zur Simulation von verschiedenen Wetterverhältnissen, wie Regen, Schnee oder Aquaplaning versehen. Unglaublich!
Tief beeindruckt von dieser Masse an automobilem Kulturgut traten wir am Nachmittag die Heimreise an. Da es die restlichen drei Depots auch noch zu erkunden gilt, lehne ich mich sicherlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage: WIR KOMMEN SICHER WIEDER!!
Einen ausführlichen Bericht über den sehr gelungenen Vortrag zum Thema „Nachhaltig mobil – und Spaß dabei“ folgt im kommenden Teil von „Ich wär´ so gerne Millionär“.