Unsere Gegeneinladung Richtung Hameln ließ nicht lange auf sich warten. Bei einem Telefonat Anfang des Jahres besprachen Uwe Stöcker und ich, welche Ausflugsziele unsere Stammtischfreunde gerne würden besuchen wollen. Und bei beiden Stammtischen stand das Nixdorf-Museum in Paderborn weit oben auf der Liste. Gesagt – getan: bei der Oldtimer-Großveranstaltung „Legenden in Lippe“, bei der wir gemeinsam den MBIG-Clubstand betreuten, legten wir den Termin für die Ausfahrt dorthin fest. Unsere Stammtisch-Sommerausfahrt führte uns diesmal also mit insgesamt 16 Sternen durchs Paderborner Land – ein toller Anblick! Am Vormittag des 11. Augusts starteten wir in Bielefeld und durchfuhren an diesem Tag zudem die Kreise Gütersloh, Paderborn und Lippe. Einen ersten Zwischenstopp hatte ich am Hövelmarkt in Hövelhof vorgesehen. Hier gibt es nämlich eine echte italienische Eis-Manufaktur, in der nicht nur das Speiseeis und sämtliche Toppings hausgemacht werden. Ja, sogar die Eiswaffeln werden hier selbstgebacken! Köstlich und eine ideale Pause bei so schönem Wetter. Weiter ging es für unsere Kolonne über Sennelager und Schloss Neuhaus nach Paderborn zum weltgrößten Computer-Museum: dem Heinz Nixdorf Museums Forum.
Mit nur 27 Jahren gründete Heinz Nixdorf als mittelloser Physikstudent 1952 seine erste Computerfirma mit damals einem Mitarbeiter. Mit seinen technischen Visionen und der unternehmerischen Weitsicht machte er die Nixdorf AG in den kommenden Jahrzehnten zum Weltmarktführer im Bereich von Tischrechnern, Kleincomputern, elektronischen Kassensystemen und Geldautomaten – mit zuletzt über 30.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 5 Milliarden D-Mark. Der Pionier der elektronischen Datenverarbeitung ist aber immer auch ein Tüftler geblieben. So verwundert es nicht, dass Heinz Nixdorf persönlich bereits vor 40 Jahren (!) das E-Bike erfunden hatte, weil er nicht mitansehen konnte, wie sich vor allem ältere Menschen auf dem Fahrrad mühsam abstrampelten. Er besorgte sich ein Herkules-Rad und bat seine Mitarbeiter aus der Entwicklungsabteilung, hieran einen 12-Volt-Motor zu installieren. Nach der ersten Probefahrt war Nixdorf so begeistert, dass er fest entschlossen war, dieses Fahrzeug zur Produktionsreife zu bringen. Der plötzliche und für alle völlig überraschende Tod – Heinz Nixdorf verstarb 1986 auf der Computer-Messe CEBIT an einem Herzinfarkt – beendete nicht nur das E-Bike-Projekt, auch auf das Unternehmen sollten ohne seinen Patriarchen stürmische Zeiten zukommen. Durch mehrere Übernahmen (SIEMENS-NIXDORF, Wincor-NIXDORF) konnte der Konzern schmerzlich gesundgeschrumpft noch einige Jahre existieren. Durch weitere Ausgliederungen (u.a. an Fujitsu) verschwand der Name Nixdorf in den 2000er Jahren dann leider vollends.
Wer nun aber denkt, im Museum der ehemaligen Hauptverwaltung seien nur Nixdorf-Produkte ausgestellt, wird sehr schnell eines Besseren belehrt. Das Museum präsentiert über drei Etagen die 5000 Jahre alte Geschichte der Informations- und Kommunikationstechnik. Angefangen mit Hieroglyphen und der Entstehung der Schrift, über Gutenbergs Buchdruck, Schreib- und Rechenmaschinen, die Historie der Telegrafie und Telefonie und einer Sammlung von (mächtigen) Registrierkassen, wird der geschichtliche Bogen geschickt in die Zeit der aufkommenden Computertechnologie bis hin zur KI-gesteuerten Robotik gespannt. Ein Thema, bei dem alle von uns mitreden konnten, ist die Geschichte der mobilen Telefonie: angefangen mit den frühen Autotelefonen der A-, B- und C-Netz-Generationen, über die ersten tragbaren „Koffer“ der D-Netz-Epoche, danach immer kleiner werdende NOKIA- , Ericson- oder Siemens-Handys, bis hin zu den Smartphone-Vorläufern von Blackberry und Apple, konnte jeder über „sein“ Modell eine persönliche Geschichte erzählen. Schön ist auch die interaktive Möglichkeit der Ausstellung, welche einen direkt zum Mitmachen einlädt. So kann man sich beispielweise am praktischen Einstellungstest für Telefonvermittlerinnen aus den 1950er Jahren versuchen, die Technik beim Abheben von Bargeld aus einem mit Acrylglas verkleideten Geldautomaten verstehen lernen, oder sich das Museum ganz bequem von einem vorausfahrenden Roboter zeigen und erklären lassen. Die zwei Stunden vergingen wie im Flug, aber wir wollten ja noch weiter. Im 25 Kilometer entfernten Altenbeken, hatte ich für uns unweit des 1853 erbauten und mit fast 500m längsten Eisenbahn-Viaduktes Europas in der dortigen Museums-Deele Plätze reserviert, wo wir uns bei Kaffee und Kuchen unter schattenspendenden Eichen über das Erlebte austauschen konnten, bevor wir uns am frühen Abend in die jeweilige Heimatrichtung verabschiedeten.