Zur Beschaffenheitsvereinbarung beim Verkauf eines Oldtimers (Originalmotor, nachträgliche technische Veränderungen)
Zur Problematik „Originalbeschaffenheit von Oldtimern“ gibt es bislang nur wenige Entscheidungen. Das OLG Karlsruhe hat sich nun in seinem Urteil vom 20.11.2014 (Az.: 9 U 234/12 = ADAJUR Dok. Nr. 106289) umfassend mit der Frage beschäftigt, ob die fehlende Originalität der Fahrzeugteile sowie nachträglich technische Verän-derungen bei Oldtimern Mängel darstellen.
„Sammlerstück mit Originalteilen“ trotz ausgetauschtem Motor?
Der Käufer, ein amerikanischer Staatsbürger mit Wohnsitz in der Schweiz, bean-spruchte von dem beklagten Autohaus die Rückabwicklung des Kaufvertrags über einen Oldtimer mit der im Kaufvertrag enthaltenen Modellbezeichnung „Jaguar XK 150 S Roadster“, welchen er zu einem Preis von 148.000,00 Euro erworben hatte. Dieses Modell war vom Hersteller im Jahr 1958 ursprünglich mit einem 3,4-l-Motor mit einer Leistung von 250 PS ausgestattet worden. Der Motor im streitgegenständli-chen Fahrzeug war später durch einen 3,8-l-Motor mit einer Leistung von 265 PS ersetzt worden.
Da es sich „nicht um ein Sammlerstück mit Originalteilen“ handele, begehrte der Käufer die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Der verbaute Motor entspreche nicht dem im November 1958 ursprünglich eingebauten Originalmotor. Das beklagte Autohaus wies die Forderung zurück.
Der Käufer trug erstinstanzlich vor, er sei getäuscht worden, da die Bezeichnung im schriftlichen Vertrag mit „Jaguar XK 150 S Roadster“ nicht zutreffend sei, da der Mo-tor nachträglich ausgetauscht wurde. Dies sei Ihm bei den Kaufverhandlungen ver-schwiegen worden. Damit besitze das Fahrzeug einen geringeren Sammlerwert und sei nicht zu Oldtimerrallyes zugelassen. Der Kläger forderte im erstinstanzlichen Verfahren vor dem LG Konstanz (Az. 5 O 59/12 T) die Rückabwicklung des Kaufvertrages aufgrund Rücktritts sowie eine Unkostenerstattung als Schadenersatz.
Der Verkäufer entgegnete, er hätte über den nachträglichen Einbau eines anderen Motors informiert und der Käufer habe sich über die im Vergleich zum ursprünglichen Motor höhere Leistung gefreut. Der nachträgliche Einbau eines stärkeren Motors habe zu einer Wertsteigerung geführt. Die Teilnahme an Oldtimerrallyes sei zudem aufgrund weiterer technischer Modernisierungen nicht möglich, was der Käufer gewusst habe.
Das LG Konstanz hatte der Klage zunächst stattgegeben. Dies unter Verweis darauf, dass der Einbau eines Motors, der nicht dem Originalmotor entspreche ein Mangel sei für den der Verkäufer einzustehen habe.
Gegen diese Entscheidung wandte sich der Verkäufer mit Erfolg an das OLG Karlsruhe.
Modellbezeichnung allein gewährleistet keine Originalität
Ob und inwieweit sich aus der Modellbezeichnung eines Oldtimers im Kaufvertrag (Jaguar XK 150 S Roadster) eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 I BGB hinsichtlich des technischen Zustands oder hinsichtlich des Vorhandenseins bestimmter historischer Fahrzeugteile ergebe, richte sich nach den üblichen Erwar-tungen von Kaufinteressenten auf dem Oldtimermarkt, so das OLG.
Bei einem restaurierten Oldtimer ist das Vorhandensein des Originalmotors – wenn nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist – in der Regel keine Beschaffenheit, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist, und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
Soweit die Originalität der Fahrzeugteile eines Oldtimers nicht Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung ist, besteht keine Pflicht des Verkäufers, den Käufer vor Abschluss des Vertrages – ungefragt – über nachträgliche technische Veränderungen an dem Fahrzeug aufzuklären.
Eine Beschaffenheitsvereinbarung zur Originalität liegt nur dann vor, wenn diese durch bestimmte Unterlagen, wie z. B. einen sogenannten Fahrzeugpass bei Ab-schluss des Kaufvertrages dokumentiert wird.
Auch das im vorliegenden Fall zum Fahrzeug gehörende Zertifikat (Production Re-cord Trace Certificate) enthielt keine aktuelle Zustandsbeschreibung des Fahrzeugs, sondern bestätigte lediglich den Zustand, in welchem das Fahrzeug im Jahr 1958 ausgeliefert wurde. Ein Abgleich mit dem aktuellen Zustand ist nicht erfolgt.
Dem Begriff „Original-Oldtimer“ sei keine andere Bedeutung beizumessen als dem Begriff „Oldtimer“. Eine Aussage über das Vorhandensein des Originalmotors lasse sich daraus nicht ableiten, so das Gericht.
Der Umstand, dass über nachträgliche technische Veränderungen gesprochen wurde, lasse sich nicht dahin gehend bewerten, dass damit gleichzeitig die Originalität sämtlicher anderer Bauteile des Fahrzeugs zugesagt worden wäre.
Fehlender Originalmotor beim Oldtimer nicht zwingend ein Mangel
Ein Mangel lag im gerichtlich entschiedenen Fall deshalb nicht vor, weil das Fahr-zeug der in der Bezeichnung „Jaguar XK 150 S Roadster“ enthaltenen Beschaffen-heitsvereinbarung entsprach, da das vom Kläger erworbene Fahrzeug tatsächlich im Jahr 1958 von Jaguar als „Jaguar XK 150 S Roadster“ hergestellt und verkauft worden war. Der spätere Einbau eines anderen Motors ändert nichts an der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Baureihe. Entscheidend ist nach Auffassung des OLG Karlsruhe, dass der später eingebaute Motor ein S-Motor war. Sowohl bei dem ursprünglich verbauten 3,4-l-Motor als auch bei dem später verbauten 3,8-l-Motor handelte es sich um eine solche „S-Version“. Das streitgegenständliche Fahrzeug entsprach daher trotz dem nachträglichen Einbau eines anderen Motors der vereinbarten Modellbezeichnung.
Es gibt auch keine Regel, dass ein Oldtimer üblicherweise in bestimmtem Umfang nur aus Originalteilen bestehen dürfte. Vielmehr zeigt die Praxis, dass Oldtimer sehr oft in mehr oder weniger großem Umfang technische Veränderungen gegenüber dem Originalzustand aufweisen.
All dies bedeutet, dass ein Käufer beim Erwerb eines „Oldtimers“ oder eines „Origi-nal-Oldtimers“ generell nicht ohne Weiteres erwarten kann, dass das Fahrzeug mit dem Originalzustand zum Zeitpunkt der Herstellung übereinstimmt. Das gilt vor allem dann, wenn ein Kaufinteressent weiß, dass ein Oldtimer restauriert worden ist. Denn bei einer Restaurierung werden aus den oben angegebenen Gründen sehr oft in unterschiedlichem Umfang Teile verwendet, die nicht mit den Original-Teilen identisch sind.
Somit hatte der Käufer keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages, weil der erworbene Oldtimer nicht mangelhaft im Sinne des Gesetzes war.
Fazit
Legt der Käufer Wert auf Originalbauteile – wie z. B. einen Originalmotor – so muss er dafür Sorge tragen, dass eine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung in den Kaufvertrag aufgenommen wird. Käufer sollten sich generell nicht auf etwaige zum Fahrzeug gehörende Zertifikate verlassen, sondern den aktuellen Zustand des Fahrzeugs sehr genau hinterfragen und kritisch prüfen. Dabei sollten die Produktionsdaten/„Matching Numbers“ (z. B. Motor-Bezeichnung und Motor-Nummer) abgeglichen werden.
Wir möchten Sie an dieser Stelle auch auf den ADAC Kaufvertrag für den privaten Verkauf eines historischen Fahrzeuges (Oldtimer) hinweisen. Diesen ist auch im Internet unter www.adac.de (Info, Test & Rat / Fahrzeugkauf- und -verkauf / Muster-kaufverträge und Musterformulare) abrufbar.
Quelle: ADAC e.V., Juristische Zentrale, Verbraucherschutz Recht; 4.2.2015